Hat Ostern die Welt verändert, ja verbessert? Der Blick aufs Faktische lässt kaum etwas anderes als die Verneinung der Frage zu. Weder wurden römische Imperatoren noch, bis auf den heutigen Tag, andere Potentaten hinweggefegt oder wenigstens in ihrer Brutalität erweicht, noch fand der Mensch aus dem Geflecht seiner ganz privaten Grenzüberschreitungen und Gemeinheiten heraus. Die Aussicht auf Gnade und ewiges Leben ist bestenfalls eine trübe Sonne am verdunkelten Himmel der realexistierenden Welt geblieben. Die Kantate BWV 6 «Bleib bei uns, denn es will Abend werden» gibt punktgenau die Vorahnung solch kommenden Unheils trotz manifester österlicher Heilsverkündigung wieder, verbunden mit der innigen Bitte um Vermeidung der Gottverlassenheit. Ein berückendes Stück Musik und Kontemplation! J. S. Bach versteht es, eine wärmende Stimmung voll Demut und Gelassenheit zu erzeugen, wo eigentlich Heulen und Zähneklappern angebracht wären. «Trost, trotz allem», so könnte man es zusammenfassen.
Zwei reformierte Dekane stehen zum dialogischen Reflektieren von Text und Musik auf dem Podium, der uns aus dem Publikum bekannte Freund und Pfarrer Hans-Jürg Stefan sowie Pfarrer Klaus Bäumlin, beide mit Ehrendoktorat der Universitäten Zürich bzw. Bern ausgezeichnete, unermüdliche Hermeneuten der biblischen Botschaft. Für ihr reiches Leben ist es Abend geworden. Was bedeutet die Kantate für sie, was können sie uns weitergeben? Hat Ostern ihre Welt verändert?
Zwei, drei Anmerkungen zu Ereignissen ausserhalb des eigentlichen Kantatenzyklus von Trogen. Die Reihe «Zu Gast bei Rudolf Lutz» geht mit der ersten Matinee in diesem Jahr in eine weitere Runde. Am Samstag, 23. März 2024 wird Frithjof Smith von unserem musikalischen Leiter zu seinem sonderbaren Instrument, dem Zink, und vielem mehr befragt. Und Musik von und für Zink hört man auch nicht aller Tage, aber ganz sicher an diesem Morgen.
Ferner sei auf unser Gastspiel am Wiener Konzerthaus am 12. April 2024 hingewiesen. Es erklingen an schönstem Ort und passend zum Dominica Misericordias Domini, am Sonntag des guten Hirten, Bachs Kantaten BWV 104 «Du Hirte Israel, höre», BWV 85 «Ich bin ein guter Hirt» und BWV 112 «Der Herr ist mein getreuer Hirt». Mit von der Partie sind Miriam Feuersinger (Sopran), Margot Oitziger (Alt), Manuel Walser (Tenor), mit einem Heimspiel der Wiener Daniel Johannsen und unser Ensemble unter der Leitung von Rudolf Lutz.
Schliesslich weisen wir auf die Fortsetzung unserer verlegerischen Arbeit hin. Rechtzeitig auf Ostern erscheint die CD Nr. 46 mit den Kantaten BWV 31 «Der Himmel lacht», BWV 85 «Ich bin ein guter Hirt» und BWV 178 «Wo Gott der Herr nicht zu uns hält». Von Jubel über Barmherzigkeit bis zu harscher Reformationsrhetorik ist alles zu hören.
Mit dieser Monatspost finden Sie den Tätigkeitsbericht über das Jahr 2023. Er vermittelt Erinnerungen an viele musikalische Momente, ermöglicht Einblick hinter die Kulissen und gibt Aufschluss zu diversen Fragen. Und vor allem zeigt er, wie viele engagierte Menschen auf und hinter der Bühne, in den Förderkreisen, in den Publikumsreihen analog und digital in nah und fern und mit «Herz und Mund und Tat und Leben» zum erfolgreichen Gelingen unseres Bach-Projekts beitragen. Wir sind allen zu grossem Dank verpflichtet.
Wir wünschen schöne Konzerterlebnisse.