Wir werden von weniger Kundigen oft gefragt, was denn das Besondere am Komponisten Johann Sebastian Bach sei, ja, was die Leidenschaft vieler für seine Musik erkläre. Die Antwort könnte eine Aufforderung zum aufmerksamen Hören der Kantate BWV 76 «Die Himmel erzählen die Ehre Gottes» sein. Sie ist ein Gesamtkunstwerk. Bibelwort, Naturdichtung, schonungslose Darstellung der condition humaine, grandiose Choralfiguration, Hinwendung zu innigster Liebe – es ist einfach alles in dieser Musik vorhanden. Der grosse Organist Bach zieht buchstäblich alle Register seines kompositorischen Könnens. Ein Welttheater zieht an uns vorbei und lässt uns mit der Frage nach der uns zugedachten Rolle und unseres Verhaltens zurück.
Denn so herrlich die Schöpfung und die Hoffnung auf «das grosse Gastmahl» auch erscheinen mag, so bitter ist oft die Wirklichkeit, was Bach in dieser grossformatigen Kantate keineswegs verschweigt, im Gegenteil. Unsere Reflexionistin, die Publizistin Carolin Emcke schreibt gegen diese nur zu offensichtliche Realität an. Ohne Pathos und ziemlich illusionslos, aber mit viel Empathie für die Menschen. Sie kennt viele Teile der Welt aus eigener Erfahrung; ihr Umgang mit dem Welttheater der Wirklichkeit ist buchstäblich «verständnisvoll».
Angesichts der Länge von Bachs Werk wird diese Kantate ausnahmsweise nur einmal aufgeführt. Carolin Emcke wird ihre Reflexion zwischen dem ersten und dem zweiten Teil halten –liturgisch am richtigen Ort, nämlich dort, wo früher gepredigt wurde.
Am Tag danach, am Samstag, 25. Mai, heisst es wieder «Zu Gast bei Rudolf Lutz» in der Ortsbürgergemeinde St. Gallen. An diesem Morgen stellen sich Oboist Andreas Helm und Geschäftsführerin Anne-Kathrin Topp den Fragen Rudolf Lutz’, wenn dieser gekonnt den Spagat zwischen Führung im Bläserregister und kaufmännischen Betrieb vollführt und seinen Gästen Spannendes und Unbekanntes entlockt. In jedem Fall wird geplaudert, aber auch musiziert und improvisiert.
Wir wünschen schöne Konzerterlebnisse.