Kantate zu Misericordias Domini, für Sopran, Alt, Tenor und Bass, Vokalensemble, Horn I+II, Oboe I+II, Streicher und Basso continuo
Der Herr ist mein Hirte» – kaum ein Bibeltext ist so beliebt wie dieser 23. Psalm. Wie schön, dass ein unbekannter Dichter schon 1531 diesen kostbaren Text behutsam in eine Liedform überführte und Bach damit zu einer der liebreizendsten Kantaten seines OEuvres anregte. Als konzertante Choralvertonung ohne eingeschobene Rezitative angelegt, durchströmen Bachs Chor- und Ariensätze bis in die wuchtigen Hornstimmen hinein eine eingängige Melodik und von der Choralsubstanz inspirierte Frische. Fast scheint es, als habe der seit Ende der 1720er Jahre eher mit anderen Projekten beschäftigte Bach im Frühjahr 1731 plötzlich Lust verspürt, seine legendäre Kantatenwerkstatt neu zu eröffnen.
Reflexion
Béatrice Acklin Zimmermann ist Geschäftsführerin der Denkfabrik Liberethica, der ethischen Offensive für Freiheit und Marktwirtschaft. Sie studierte Evangelische und Katholische Theologie und Politikwissenschaften in Zürich, Rom und Fribourg, promovierte im Bereich der mittelalterlichen Philosophie und habilitierte sich mit einer Arbeit zur Frage des Antijudaismus bei Martin Luther. Sie war langjährige Abgeordnete im Parlament des Kantons Freiburg. Als regelmässige Gastautorin bei der NZZ und Kolumnistin bei verschiedenen Magazinen und Zeitungen schreibt sie namentlich über die Wechselbeziehungen von Religion und Politik und über wirtschaftsethische Themen.