Zumindest auf den ersten Blick beziehungsweise beim ersten Zuhören erscheinen grosse inhaltliche Fragezeichen gegenüber dem Kantatentext als legitim. Indessen erweist sich auch in diesem Fall die Erschliessung der Kantate vom Schlusschoral her als möglicher Zugang für ein tieferes Verständnis der Kantate, und die geradezu atemberaubend deutliche Tonsprache Bachs trägt das Ihre dazu bei, dass wir im «Jammertal» (Tenorarie Nr. 2) lange und heftig mitleiden und mit der Arie Nr. 5 manch aufgestaute Sorgen und Ängste (es gibt sie ja auch nachaufklärerisch…!) abwerfen können.
Nebst Niklaus Peter als herausragenden Kenner dieser komplexen Thematik (Mitwirkung an der Werkeinführung) haben wir mit Dagmar Fenner als Reflexionsreferentin das Glück, dass eine musikverständige Philosophin oder umgekehrt eine philosophieaffine Musikerin zu uns sprechen wird. Vielleicht bedarf es zur vertieften Betrachtung dieses Kantatentexts genau einer solchen Doppelbegabung. Uns scheint, dass bei BWV 114 der Sinn einer Doppelaufführung der Kantate mit dazwischengeschaltetem Wortvortrag besonders deutlich sichtbar wird. Schwierige Gedanken, nicht unschwierige, aber prachtvolle Musik – nach der Reflexion und beim zweiten Mal lässt es sich leichter zuhören. Und verstehen.
Noch kehrt nach den prachtvollen Appenzeller Bachtagen 2018 der Alltag nicht ganz bei uns ein: Nicht in Trogen, sondern zur Abwechslung (und weil die Kirche über eine hervorragende Akustik verfügt) im Nachbardorf Speicher AR wird unser nächstes Kantatenkonzert stattfinden. Vergessen Sie also nicht, ein paar Stationen früher als gewohnt aus dem Trogener-Bähnli auszusteigen.
Bleibt uns, auf die Herausgabe der CD Nr. 24 mit den Kantaten BWV 127 «Herr Jesu Christ, wahr’ Mensch und Gott», BWV 156 «Ich steh mit einem Fuss im Grabe» und BWV 97 «In allen meinen Taten» nochmals hinzuweisen. Die während der Sommerwochen erhaltenen Vorbestellungen der neuen Publikation sowie des CD/Partitur-Sets mit der Landsgemeindekantate haben unseren Verlag sehr erfreut.