In der Zwischenzeit wurde dies indessen regelrecht zum Markenzeichen der J. S. Bach-Stiftung; man möchte die Chance, die komplexe und gleichzeitig prächtige Musik zweimal hintereinander hören zu können, nicht mehr missen. Es gibt aber Stücke von Bach, die müsste man eigentlich drei- oder mehrmals zu hören bekommen. So den Eingangschor von BWV 121 „Christum wir sollen loben schon“. Was der Thomaskantor da zum zweiten Weihnachtstag 1724 in Leipzig vorlegte, sprengt jeden Rahmen normalen Hörverständnisses. Gregorianik ist genauso präsent wie Kontrapunkt, den Blechbläsern kommt eine missionarische Rolle zu, und die Sopranstimme sorgt für den roten Faden in einer Komposition, die man jedesmal wieder anders hört.
Ob uns dann der katholische Priester Dieter Hattrup in seiner Reflexion die ersehnte Ruhe zwischen den zwei Aufführungen verschafft, ist offengestanden zu bezweifeln, beschäftigt er sich als Mathematiker und Physiker doch mit so aufregenden Themen wie Quantentheorie und der Grenze der Wissenschaft. Komposition und Reflexion, Bach und Hattrup, werden uns voraussichtlich zu einer Grenzerfahrung verhelfen.