Wenn es ein Vorzeigebeispiel respektvoller kultureller Aneignung gibt, dann ist es «Tilge, Höchster, meine Sünden», Bachs Adaption von Giovanni Battista Pergolesis «Stabat mater», die jetzt auf dem Programm der J. S. Bach-Stiftung steht. Bach wäre aber nicht Bach gewesen, wenn er nicht eine Transformation vorgenommen hätte. Dies zunächst und vor allem am Text, einer gereimten Nachdichtung des Psalms 51. Bach veränderte Stimmführungen, ergänzte Passagen und tauschte Sätze um. Entstanden ist eine im wahrsten Sinne des Wortes eigenartige Komposition: Pergolesi und doch nicht Pergolesi, Bach und doch nicht Bach. Puristen mögen die Nase rümpfen, Geniesser lassen das Werk einfach auf sich wirken. Hervorragende Musik ist BWV 1083 allemal.
Psalm 51 handelt von der Tilgung von Sünden; der Reflexionist des Abends Frank Urbaniok ist als forensischer Psychiater damit beschäftigt, die Gesellschaft vor den gefährlichsten Sündern zu schützen, indem er Risikobeurteilungen von Straftätern vornimmt. Sünde oder genetische, vielleicht auch traumatisch erzeugte Prädisposition – kann das «Böse» wirklich objektiviert werden? Und wo würde die Tilgung ansetzen? So, wie man Prof. Urbaniok kennt, geht er auch schwierigsten Fragestellungen nicht aus dem Weg.
Musikalisch gestaltet wird der Abend vom Orchester der J. S. Bach-Stiftung unter der Leitung von Rudolf Lutz, zusammen mit den Solistinnen Marie Luise Werneburg (Sopran) und Margot Oitzinger (Alt). In das Konzert eingeführt wird von Rudolf Lutz und Pfarrer Niklaus Peter in ihrer gewohnt kurzweiligen Mischung aus musikalischen und inhaltlichen Erläuterungen.
Das Konzert findet in der Kirche St. Laurenzen in St. Gallen statt; die Werkeinführung beginnt am 22. November 2024 um 17.30 Uhr, das Konzert um 19.30 Uhr.
Jahresprogramm 2025: Von Trogen über Ansbach und Wien nach Montreal
In der neuen Saison setzt die Stiftung sowohl auf bewährte Konzertformate als auch auf neue Engagements, wie Stiftungspräsident Konrad Hummler erklärt: «Das Jahresprogramm 2025 bewegt sich auf zwei Gleisen: Einerseits wird die Kantatenreihe unentwegt fortgesetzt, wobei wir uns langsam der Zielgeraden nähern. Von den rund 220 vorhandenen Bachkantaten sind nämlich derer 193 aufgeführt und aufgezeichnet. Im verbleibenden Rest finden sich aber nach wie vor wahre Juwelen, durchaus bekannte, aber auch solche, die kaum je aufgeführt werden. Anderseits folgt die J. S. Bach-Stiftung dem Ruf der näheren und weiteren Welt. Nach Ansbach, nach Merseburg, nach Wien und zum Internationalen Bachfest Montreal.» Auch der musikalische Leiter Rudolf Lutz zeigt sich über das wachsende Renommee seines Ensembles hoch erfreut: «Die Einladung im Rahmen der St. Galler Festspiele, der Wettinger Kammerkonzerte, aber auch das Engagement an den Merseburger Orgeltagen mit der Johannespassion weitet unser Ostschweiz-orientiertes Musizierfeld aufs Schönste aus. Dass der Chor im Dezember nach Kanada reist, um dort ein Motettenprogramm und mit dem barocken Festivalorchester in Montreal wiederum die Johannespassion zu gestalten, stellt einen besonderen Höhepunkt zum Saisonende dar.»
Bekannte und neue Musizierende, namenhafte Gäste
Die elf Kantatenkonzerte der Saison 2025 bieten ein breites Spektrum geistlicher und weltlicher Werke, die die Vielfalt des Kantatenschaffens des Thomaskantors widerspiegeln. Mit von der Partie sind bekannte und beliebte Solistinnen und Solisten der J. S. Bach-Stiftung wie Miriam Feuersinger (Sopran), Claude Eichenberger (Alt), Georg Poplutz (Tenor) und Klaus Mertens (Bass), aber auch neue Namen wie Simone Schwark (Sopran) und Daniel Ochoa (Bass), die ihr Debüt bei der Stiftung geben. Für die Reflexionsreihe konnte deren Intendantin Barbara Bleisch erneut eine sorgfältig kuratierte Auswahl an Gastreferentinnen und -referenten gewinnen, die die Alte Musik und die Kantatentexte aus heutiger Sicht beleuchten. Beteiligt sind unter anderem die renommierten Soziologen Armin Nassehi und Hartmut Rosa sowie die Philosophin und Autorin Eva von Redecker. Auch prominente Denkerinnen und Denker aus der Schweiz sind vertreten, darunter Béatrice Acklin, Geschäftsführerin der Denkfabrik Liberethica, und die Autorin und Kolumnistin Nicole Althaus.
Das Programm 2025 ist online unter www.bachstiftung.ch verfügbar. Gedruckte Exemplare sind in der Geschäftsstelle (info@bachstiftung.ch) erhältlich und liegen an den Konzerten auf.
Karten für alle Kantatenkonzerte sind im Online-Ticketshop, per E-Mail an info@bachstiftung.ch oder bei der Geschäftsstelle unter +41 71 242 16 61 erhältlich.
ÜBER DIE J. S. BACH-STIFTUNG
Die J. S. Bach-Stiftung setzt sich für die Förderung und Verbreitung der Musik von Johann Sebastian Bach ein. Mit hochkarätigen Aufführungen, musikalischen Bildungsangeboten und interdisziplinären Projekten möchte die Stiftung das kulturelle Erbe von Bach bewahren und zeitgemäss interpretieren. Durch die enge Zusammenarbeit mit renommierten Künstlerinnen, Künstlern und Fachpersonen entstehen einzigartige Konzert- und Vermittlungserlebnisse, die Menschen jeden Alters und Hintergrunds ansprechen.
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