Wer sich ab und zu eine Kantatenaufführung aus den Anfängen unserer Tätigkeit anschaut, entdeckt im Publikum Gesichter liebgewordener Menschen, die nicht mehr unter uns sind.
Innerhalb von zwanzig Jahren geschieht immer wieder das Unvermeidliche, einmal überraschend, oft auch vorhersehbar: Der Tod ist unter uns. Die Kantate BWV 8 «Liebster Gott, wenn werd ich sterben» handelt davon. Ist es traurige, beängstigende Musik? Mitnichten, beziehungsweise nur in Teilen. In der Barockzeit war der Tod in der Gesellschaft viel präsenter als heute. Wir verstecken ihn in Heimen und Kliniken, lassen ihn durch Exit mal rasch erledigen. Und wir erschrecken, wenn wir doch einmal direkte Zeugen vom Sterben werden. Damals, in Leipzig, läutete das helle Sterbeglöcklein, wenn es so weit war, und das war es oft. Es ist packend, wie freundlich Johann Sebastian Bach just diese Glockenmelodie einwebt in seine überaus tröstliche Musik, als wollte er sagen, eine Seele schwebe dem Himmel zu. Wir kennen Menschen, die wegen der angeblichen Todessehnsucht und der damit verbundenen Schwere seiner Musik den Komponisten Bach und namentlich dessen Vokalwerk meiden. Wir sehen es diametral anders: Ja, Bachs Musik handelt – auch – vom Tod. Er gehört nun einmal zur condition humaine. Aber Bachs Umgang mit dem Tod ist sanft und tröstlich: «Und jedem Ende wohnt ein Zauber inne», könnte man etwas abgewandelt mit Hermann Hesse sagen, denn für Bach ist jedes Ende auch ein Anfang.
Unsere Reflexionistin beschäftigt sich von Berufs wegen mit dem Tod. Anna Magdalena Elsner ist assoziierte Professorin für französische Kulturwissenschaften und Medical Humanities an der Universität St. Gallen. Sie befasst sich mit der Wechselbeziehung zwischen Literatur und Medizin und trägt mit spannenden neuen Perspektiven zu den Diskussionen über Palliative Care und Sterbehilfe bei. Sie ist Leiterin einer Forschungsgruppe zur Interaktion von Kunst und Gesetzgebung im Bereich der Sterbehilfe. Bachs musikalische Kunst ist letztlich – auch – Sterbehilfe. Ohne Gesetzgebung allerdings…
Anna Magdalena Elsner verbindet in ihrer Reflexion die von Verlusten geprägte Biografie von Bachs zweiter Frau, Anna Magdalena Bach, mit medizinischen und gesellschaftlichen Fragen rund um das Lebensende und geht der Frage nach einem «guten Tod» nach.
Es gibt wieder Neues aus unserem Verlag zu berichten: Der DVD-Schuber XVII mit allen Konzertaufzeichnungen der J. S. Bach-Stiftung aus dem Jahr 2024 ist erhältlich. Er vereint die Kantatenaufführungen, Werkeinführungen und Reflexionen des vergangenen Jahres in einer hochwertigen Edition. Die neue Jahresbox ist ein Sammlerstück für Bach-Liebhaberinnen und Liebhaber. Und vielleicht lohnt es sich gerade jetzt, schon an die Weihnachtssaison zu denken. Geschenke, die mit Sorgfalt ausgewählt werden, machen bekanntlich doppelt Freude.
Soviel zur Gegenwart. Nun aber zur Zukunft. Mit der kommenden Monatspost freuen wir uns dann, Ihnen das Jahresprogramm 2026 bekanntzugeben und mit Neuigkeiten aufzuwarten. Bei einer Neuigkeit platzen wir fast selbst vor Spannung. Aber ein bisschen müssen wir uns noch gedulden.







